Dienstag, 28. November 2023

Also sagen wir - jetzt Kaiser:in zum Bier

 ''Hau mal a Kaiserin rüber!'', brüllte Dragan vom Gerüst und ich wurde gleich wieder sauer. Nur weil ich mir grad einmal ein bissl die Beine vertrat war ich doch nicht sein Dienstbote! Aber was tut man nicht alles für das Betriebsklima. Also latschte ich rüber zum Eck wo wir den Kühlschrank mit den Bierdosen stehen hatten.

Als ich in das fragende Gesicht unseres Praktikanten schaute, mußte ich lachen. ''Na wegen der bescheuerten Genderei!'', erklärte ich dem Jungen, der offenbar nichts verstand. ''Wennst nur Kaiser sagst dann meckert gleich wieder wer. Also sagen wir jetzt Kaiser:in zum Bier, verstehst?''

Müde verzog er das Gesicht. Na toll. Fand der Herr Studiosus also nicht lustig. Mit Schwung warf ich Dragan sein Bier hoch und schlenderte rüber zu meinem Kran. Allzu oft machte ich die beschwerliche Tour bis herunter natürlich nicht, aber menschliche Bedürfnisse und so ... seine Würstchen wollte man ja nun wirklich nicht den ganzen Tag im Führerhaus stehen haben. Und im Sommer schon zweimal nicht.

Schrilles Kreischen drang an mein Ohr. Oh weh! Erwin hatte wieder begonnen, die Pflastersteine zu sägen. Melodiös geht anders. Hastig kletterte ich das Gestänge hinauf. Ich liebe meinen Beruf! Weit oben, entfernt von all dem Dreck, dem Gestank und dem Lärm, schwebte ich sozusagen über dem Geschehen wie ein König.

Vorher war ich Baggerführer gewesen. Das System ist ähnlich, die Einarbeitung war also kein Problem. Nun wuchtete ich halt in Wien Betonbehälter durch die Gegend statt in Tirol Steine aus dem Flußbett zu klauben.

Vor allem um den Beton war es mir gegangen. Früher hatte man ja beim Bau eines neuen Hauses immer eine Leiche unter dem Fundament vergraben. Also so richtig früher meine ich. Mittelalter oder so. Später gaben sich die Leute dann auch mit einem toten Hahn oder einem Kaninchen zufrieden. Ich nicht.

Ich fand es total angenehm, daß man aufsässige Kollegen nicht mehr zum Tauchen schicken mußte. Mafiamäßig, verstehst. Füße in Beton gegossen und ab in den See. Funktioniert ja so heute nicht mehr. Mit den modernen Maschinen kommen die ewig weit runter beim Suchen und Mord verjährt nicht. Das ist blöd.

Daher kam mir meine neue Beschäftigung sehr zupaß. Wer nervte, verschwand. Zu oft durfte man das natürlich nicht machen, das wäre aufgefallen. Aber dieser humorlose Praktikant, der ging mir schon langsam GEWALTIG auf den Zeiger.

Als ob wir nicht schon genug Studierte hätten, die alles besser wissen und nur im Weg herumstehen. 







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