Donnerstag, 5. März 2020
Die Rache aus dem Jenseits
Wieder einmal liege ich um Mitternacht wach und gräme mich ganz fürchterlich. Die Sache mit Manfred hatte mir doch mehr zugesetzt, als ich mir einzugestehen bereit war. Nun treffe ich mich doch sowieso nur mit den Männern, bei denen ich mir absolut sicher bin, daß sie vertrauenswürdig sind, und denen ich mich weiters nicht nur hingeben könnte, sondern auch möchte. So bleiben am Ende eh nicht viele übrig.
Und wenn es dann dennoch im Desaster endet, neige ich dazu, genau wie Annegret, Wilma, Christine, Geraldine und all die anderen Frauen auf der 'Ask Wendy'-Seite, mir die Schuld daran zu geben. Klar. Wem sonst. Doch nicht etwa dem göttlichen Wesen, das mich soeben verletzt hat? Sorry, von dessen Handlungen/Worten ich mich verletzt fühle. Der Mann kann ja nie was dafür, der Mann hat immer recht, die Frau sei dem Manne untertan, bla bla bla.
Traurig schneuze ich in meinen Polster und frage mich, was ich wohl dieses Mal wieder falsch gemacht habe. Eigentlich hatte es doch ganz gut angefangen ... wir hatten uns zweimal zum Schallplattenhören getroffen, unterhielten uns über alles mögliche - stolz erzählte er beispielsweise vom kürzlich erworbenen Meisterbrief - bis wir bzw. bis ich zu mehr bereit war.
Und dann hört der mittendrin auf, gerade als ich beginne, Gefallen an der Sache zu finden! Erklärt mir, es sei ihm zu anstrengend, erzählt mir noch irgendeinen Mist über irgendwelche Postings auf seinem Handy - und springt auf einmal auf mit den Worten, ihm sei gerade eingefallen, daß er in der Arbeit ein Fenster offengelassen habe, das müsse er jetzt unbedingt zumachen. Und fupp, weg war er, obwohl draußen ein Schneesturm tobte und es drinnen eindeutig gemütlicher gewesen wäre.
Natürlich hab nie mehr was von ihm gehört. Warum???
Und warum bleiben mir grundsätzlich nur die Männer, mit denen ich nicht wirklich was anfangen kann?
Grummelig knipse ich das Nachtlicht an um auf dem Weg zum Häusl nicht über meine Bücherstapel am Boden zu stolpern, da steht auf einmal eine Gestalt mitten im Zimmer! Zu Tode erschrocken lasse ich mich zurück aufs Bett sinken ... dann erkenne ich Anton. Meinen Anton, den ich höchstpersönlich vor über fünf Jahren zu Grabe getragen habe. Also seine Asche. Schockstarr glotze ich ihn an, ein Gefühl von Irrealität überkommt mich. Ich bin mir sicher, daß ich träume. Genau, das ist einer dieser luziden Träume, in denen man glaubt, man sei wach. Nur ... kann man die nicht steuern? Ich kann hier gerade absolut garnichts steuern. Was macht Anton hier, warum guckt er nur, warum schweigt er, will er mir Böses, wenn ja warum tut er nichts? Die Ungewißheit macht mich fertig ...
'Aber Bertha', spricht der Geist nun ruhigen Tones, 'du weißt doch genau, daß ich dir nicht böse bin, ich hab dich doch lieb. Und ich wollte dir auch nur sagen, daß es ein Schmarrn ist wenn du dich wegen dieser Hampelmänner grämst. Ich weiß, daß du die Waffe gefunden hast, die ich unten im großen Karton versteckt hatte. Erinnerst du dich noch an die Story die ich dir erzählt hab vom Jay damals? Ja? Gut. Nur so ein Vorschlag. Dachte ich schau mal rein und sag Hallo, aber nun muß ich auch schon wieder gehen, man bekommt nicht so leicht Urlaub und auch nicht sehr lange. Mach's gut Bertha, und hab keine Angst, ich warte auf dich ...'
Mit offenem Mund bleibe ich auf meiner Bettkante sitzen, jeder Gedanke an Lulu-machen total vergessen. Die Geschichte mit Jay damals ... ja, in der Tat, ich erinnere mich. Jay war ein Arschloch, soviel vorab, und er hatte Anton immer wieder getrietzt, ihn vor anderen runtergemacht, verspottet ... und war ihm am Ende auch noch Geld schuldig geblieben. Höfliche Erinnerungen wurden lässig ignoriert - bis es Anton zu bunt wurde und er ihn zuhause aufsuchte. Jay ist das Lachen dann sehr rasch vergangen, als er die Puffn am Kopf hatte. So klein und verängstigt hatte man ihn noch nie erlebt - 'Tu mir nichts, tu mir nichts', hat er gebettelt - und so schnell hat man garnicht schauen können, wie seine Freundin, übrigens eine ehemalige Mitbewohnerin von uns, mit zitternden Fingern das geschuldete Geld auf den Wohnzimmertisch legte.
Was wollte mir Anton nun damit sagen? Sollte ich seine formschöne, aber unhandliche Knarre nun benutzen, um sie Manfred an seinen nichtsnutzigen Schädel zu halten? Eher nicht. Bevor ich auch nur 'Hände hoch' sagen könnte, würde er sie mir entwinden und seinerseits mich damit bedrohen.
Aber Hoppala, da gab es ja noch mehr Möglichkeiten ...
Nur zwei Tage später lese ich mit Genuß in der Zeitung, wie der Pächter einer Autowerkstatt in der Innenstadt festgenommen worden war, nachdem die Polizei dort bei einer Hausdurchsuchung eine Handfeuerwaffe gefunden hatte. Für die er keinerlei Besitzkarte vorweisen konnte. Haha. Rache ist Blutwurst, und eine solche werde ich mir nun genüßlich aufs Brot geben. Frau muß auf fleischliche Genüsse keineswegs verzichten, sie sollte sich lediglich sehr genau überlegen, ob sie sich dazu unbedingt Gesellschaft einladen möchte.
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