Die Kinder hier haben ja auch Schule. Bissl jedenfalls. Nicht so wie bei uns damals, von acht bis 13 Uhr, die Fächer ordentlich getrennt voneinander und alles todlangweilig. Nein, es geht richtig lebendig zu! Sie lernen Bogenschießen, Feuer machen, Trommelzeichen geben, lauter nützliche Sachen, ja und zwischendrin auch sowas wie Sozialkunde - und ich bin dann immer das wandelnde schlechte Vorbild. Der Mann, der alles falsch gemacht hat und somit nur Ärger hatte im Leben, obwohl er im Grunde kein schlechter Kerl ist.
Eigentlich heiß ich Anton, und ich bin hier weil ich draußen nicht mehr zurechtgekommen bin. Alle mit ihrem blöden Internet, ich will kein Internet! Und ich will auch nicht mehr vom Amt sekkiert werden und ich will auch nicht ständig Männchen machen bei der Mama von Miranda wenn sie wieder einmal tagsüber unangemeldet in der Wohnung steht weil sie den Schlüssel hat, und überhaupts. I mog ned!
Ich bin Bayer. Miranda sagt, ich bin ein sturer Esel.
Einmal als wir gemeinsam im Urlaub waren, hab ich mir ein Herz gefaßt und ihr erzählt, wie satt ich es habe, den ganzen Tag Männchen machen zu müssen. Sie hat mich nicht ernst genommen, hat gelacht und gesagt: Ah geh, du machst den ganzen Tag Männchen und ich krieg keins?
Bei Miranda hab ich zuletzt gewohnt, sie hat mich aber nun schon zweimal rausgeworfen wegen dem Wodka und außerdem ist der Metzger von gegenüber hinter mir her. Miranda meinte immer, ich solle doch ein Buch schreiben, ich müsse ja nicht zur Arbeit gehen mit dem kaputten Kreuz aber damit ich halt was zu tun hätte außer Saufen und deppert ins Narrenkastl schaun, und was ich alles erlebt hätt, da könnt ich doch ganze Bände schreiben!
Stimmt, das könnte ich, aber danach wäre nicht nur der Metzger hinter mir her sondern noch ganz andere Leute, und die sind brandgefährlich. Ich trau denen zu, daß sie mich sogar hier finden würden. Wenn nicht gar schon ein Spitzel unter uns ist. Weiß man's? Mit den meisten Leuten bin ich noch nicht so recht warm geworden, man sagt ich schau immer so finster. Ja mei, so is mein Gesicht halt mal.
Den Charlie find ich cool, den hätte ich gerne zum Freund, aber der guckt halt auch niemanden an, genau wie ich. Mit Waffen kenn ich mich super aus, damals beim Bund wollten sie mich unbedingt behalten weil ich ein Gewehr schneller zusammenbauen konnte als der Kommandant, aber ich fand dort alles so bescheuert. Die Feldjäger hatten mich mit Gewalt hingeschleppt und ich hab's einfach ned blickt. Bis ich fertig war in der Früh, waren alle anderen schon weg, ich bin blöd am Hof unten gestanden und hab meine Kompanie nicht gefunden. Bin halt dann irgendwo mitexerziert bis mich einer angebrüllt hat wo ich eigentlich hinwill.
Nach Indien, hab ich dem Psychiater dann erzählt. Nach Indien will ich. Unbedingt. Der hat mir ziemlich rasch eine Untauglichkeit bescheinigt und man hat mich unehrenhaft entlassen. In den Knast hab ich dennoch müssen, wegen Verweigerung oder so. Ein halbes Jahr.
Sonst hab ich nix gelernt, also Beruf oder so, außer Dealer und Einbrecher, und das sind keine Berufe, wie mir die Richter immer wieder erklärt haben. Dabei brauchst da ein Supergedächtnis weil du ja nix aufschreiben darfst. Also wann du wem wieviel und so. Weißt ja nie wann du Besuch von den netten Herren bekommst und da wär so eine Buchführung verdammt blöd, wenn sie in falsche Hände kommt.
Mein älterer Bruder, der Sigi, hat mich als Buben schon immer mitgenommen zu den Amis, ich glaub der hat mir das Zeug in die Jacke gesteckt, ich hatte ja keine Ahnung, und wußte natürlich damals auch nicht, warum die so gegrinst und mich Sputnik genannt haben. Die Weiber von denen haben viel Quatsch mit mir angestellt, mich geschminkt und so, bis ich heulend nach Hause gerannt bin und meine Mutter nur seufzte: 'Mei Bua, wia schaugst denn wieder aus.' Dann ist sie in der Küche eingeschlafen, mitten unter'm Geschirrspülen. Der Arzt hat ihr immer Morphiumzäpfchen verschrieben, das gab es damals noch. Sigi hat ihr die natürlich geklaut wo er konnte, der Arsch.
Und was das Einbrechen betrifft, also das kann auch nicht jeder! Hatte einen guten Lehrer, den verrückten Zagreb. Ich wär eine Bereicherung, hat er gesagt, weil ich so dünn bin und durch das kleinste Kellerfenster gepaßt hab. Soletti hat Miranda mich immer genannt. Aber wie sie dann, zerstreut wie sie ist, die Türe zugehauen hat obwohl der Schlüssel noch innen gesteckt ist, war sie auch froh, daß ich das ziemlich schnell hinbekommen habe und wir unseren Zug doch noch erwischt haben.
Naja, und jetzt bin ich halt hier das schlechte Vorbild, weil jeder irgendwas Nützliches tun muß. Einfach nur abhängen und blöd schaun geht nicht. Am Bauernhof würd ich gern mitarbeiten, ich hab Tiere so gern, viel lieber als die Menschen, aber am Bauernhof sind schon soviele. Marie hat auf meine vorsichtig vorgetragene Bitte nur fein gelächelt und gemeint, ich müsse noch ein bissl Geduld haben, den meisten würde mit der Zeit aufgehen, daß die Arbeit dort kein Zuckerlecken sei, sie würden nach und nach die Lust verlieren und um Versetzung ansuchen. Dann dürfte ich ran. Ich freu mich schon! In der Zwischenzeit bin ich eh oft dort und besuche die Kühe im Stall, die Pferde auf der Weide und die lieben kleinen Kaninchen. Sogar die Hühner kann ich bereits voneinander unterscheiden.
So, und jetzt bau ich mir einen und leg mich dann schlafen. Bissl lesen vielleicht noch, die Bibliothek hier ist prima, noch besser als damals in Kaisheim. Bin zufrieden. Ich glaub das erste Mal in meinem Leben bin ich wirklich zufrieden. Hab mein eigenes kleines Häuschen, niemand jagt mich oder zerrt ständig an mir, das ist so schön.
Bei Miranda hab ich zuletzt gewohnt, sie hat mich aber nun schon zweimal rausgeworfen wegen dem Wodka und außerdem ist der Metzger von gegenüber hinter mir her. Miranda meinte immer, ich solle doch ein Buch schreiben, ich müsse ja nicht zur Arbeit gehen mit dem kaputten Kreuz aber damit ich halt was zu tun hätte außer Saufen und deppert ins Narrenkastl schaun, und was ich alles erlebt hätt, da könnt ich doch ganze Bände schreiben!
Stimmt, das könnte ich, aber danach wäre nicht nur der Metzger hinter mir her sondern noch ganz andere Leute, und die sind brandgefährlich. Ich trau denen zu, daß sie mich sogar hier finden würden. Wenn nicht gar schon ein Spitzel unter uns ist. Weiß man's? Mit den meisten Leuten bin ich noch nicht so recht warm geworden, man sagt ich schau immer so finster. Ja mei, so is mein Gesicht halt mal.
Den Charlie find ich cool, den hätte ich gerne zum Freund, aber der guckt halt auch niemanden an, genau wie ich. Mit Waffen kenn ich mich super aus, damals beim Bund wollten sie mich unbedingt behalten weil ich ein Gewehr schneller zusammenbauen konnte als der Kommandant, aber ich fand dort alles so bescheuert. Die Feldjäger hatten mich mit Gewalt hingeschleppt und ich hab's einfach ned blickt. Bis ich fertig war in der Früh, waren alle anderen schon weg, ich bin blöd am Hof unten gestanden und hab meine Kompanie nicht gefunden. Bin halt dann irgendwo mitexerziert bis mich einer angebrüllt hat wo ich eigentlich hinwill.
Nach Indien, hab ich dem Psychiater dann erzählt. Nach Indien will ich. Unbedingt. Der hat mir ziemlich rasch eine Untauglichkeit bescheinigt und man hat mich unehrenhaft entlassen. In den Knast hab ich dennoch müssen, wegen Verweigerung oder so. Ein halbes Jahr.
Sonst hab ich nix gelernt, also Beruf oder so, außer Dealer und Einbrecher, und das sind keine Berufe, wie mir die Richter immer wieder erklärt haben. Dabei brauchst da ein Supergedächtnis weil du ja nix aufschreiben darfst. Also wann du wem wieviel und so. Weißt ja nie wann du Besuch von den netten Herren bekommst und da wär so eine Buchführung verdammt blöd, wenn sie in falsche Hände kommt.
Mein älterer Bruder, der Sigi, hat mich als Buben schon immer mitgenommen zu den Amis, ich glaub der hat mir das Zeug in die Jacke gesteckt, ich hatte ja keine Ahnung, und wußte natürlich damals auch nicht, warum die so gegrinst und mich Sputnik genannt haben. Die Weiber von denen haben viel Quatsch mit mir angestellt, mich geschminkt und so, bis ich heulend nach Hause gerannt bin und meine Mutter nur seufzte: 'Mei Bua, wia schaugst denn wieder aus.' Dann ist sie in der Küche eingeschlafen, mitten unter'm Geschirrspülen. Der Arzt hat ihr immer Morphiumzäpfchen verschrieben, das gab es damals noch. Sigi hat ihr die natürlich geklaut wo er konnte, der Arsch.
Und was das Einbrechen betrifft, also das kann auch nicht jeder! Hatte einen guten Lehrer, den verrückten Zagreb. Ich wär eine Bereicherung, hat er gesagt, weil ich so dünn bin und durch das kleinste Kellerfenster gepaßt hab. Soletti hat Miranda mich immer genannt. Aber wie sie dann, zerstreut wie sie ist, die Türe zugehauen hat obwohl der Schlüssel noch innen gesteckt ist, war sie auch froh, daß ich das ziemlich schnell hinbekommen habe und wir unseren Zug doch noch erwischt haben.
Naja, und jetzt bin ich halt hier das schlechte Vorbild, weil jeder irgendwas Nützliches tun muß. Einfach nur abhängen und blöd schaun geht nicht. Am Bauernhof würd ich gern mitarbeiten, ich hab Tiere so gern, viel lieber als die Menschen, aber am Bauernhof sind schon soviele. Marie hat auf meine vorsichtig vorgetragene Bitte nur fein gelächelt und gemeint, ich müsse noch ein bissl Geduld haben, den meisten würde mit der Zeit aufgehen, daß die Arbeit dort kein Zuckerlecken sei, sie würden nach und nach die Lust verlieren und um Versetzung ansuchen. Dann dürfte ich ran. Ich freu mich schon! In der Zwischenzeit bin ich eh oft dort und besuche die Kühe im Stall, die Pferde auf der Weide und die lieben kleinen Kaninchen. Sogar die Hühner kann ich bereits voneinander unterscheiden.
So, und jetzt bau ich mir einen und leg mich dann schlafen. Bissl lesen vielleicht noch, die Bibliothek hier ist prima, noch besser als damals in Kaisheim. Bin zufrieden. Ich glaub das erste Mal in meinem Leben bin ich wirklich zufrieden. Hab mein eigenes kleines Häuschen, niemand jagt mich oder zerrt ständig an mir, das ist so schön.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen