Als
Anton Fieselmaier noch ein Knabe war, wurde er von einem mysteriösen
Weltraumfahrer gerne für Einbrüche benützt weil er so dünn war. Solcherart
wurde er mehrmals durch ein Kellerfenster gesteckt um geräucherte Wurstwaren zu
stehlen welche hernach um einen Schleuderpreis an Wirte in der Umgebung
verhökert wurden. Anton Fieselmaier bekam für seine Mühen lediglich hier und da
ein Freibier und am Ende vom Weltraumforscher noch ein paar gewaltige Ohrfeigen
angedroht als ihm die letzte Ladung Schinken, zuvor mühsam des Nachts quer
durch die holperige Altstadt gekarrt, verlustig ging indem daß heimtückische
Mitbewohner ihn hinterrücks bestahlen.
Es
gelang ihm zwar, den Weltraumforscher von seiner Unschuld zu überzeugen, jedoch
mußte er alsbald erneut mit jenem in einen anderen Keller einbrechen um dort eine
kaiserlich-göttliche Weinexpertise vorzunehmen. Ein zufällig im Keller ihre
Wege kreuzender Hausbewohner wurde kurzerhand in einen Nebenraum gesperrt.
Diese Begegnung war ganz schlecht für Herrn Fieselmaiers Nerven, die bereits in
seiner Jugend nicht die besten waren, aber man muß Prioritäten setzen und das
Wichtigste war jetzt nun einmal, den Weltraumforscher bei Laune zu halten was
kurze Zeit später dann auch kein Problem mehr war weil der Weinkeller sich als
außergewöhnlich gut bestückt erwies. Da war nix mit niedertückischem
Rheinfiesling in Bestpreislage, nee nee, jeder Schluck aus den
vorgefundenen Flaschen war gut seine 1000
Mark wert – was den gestörten Weltraumforscher jedoch nicht daran hinderte, so
manche Flasche mit einem kurzen ''Das schmeckt Scheiße!'' verächtlich
beiseitezustellen und und die nächste zu öffnen. Gut betankt zog man
schlußendlich mit, aus rein logistischen Gründen, nur wenigen erbeuteten Flaschen
von dannen.
In
späteren Jahren bezog Anton Fieselmaier nach durchlittener Trennung von seiner
geliebten Ehefrau ein Untermietszimmer bei einer befreundeten Künstlerin welche
ihm ihr Atelier zur Verfügung stellte und seither keine Bilder mehr malen
konnte weil ihr die ständigen Schmerzenslaute Herrn Fieselmaiers auf's
empfindliche Gemüt schlugen.
Eines
Tages stand Herr Fieselmaier wieder einmal am Balkon und wehklagte lauthals in
die Landschaft unter ihm, als ihn unvermittelt ein Pfeil am Ohr traf. ''Ei
Pardauz!'', dachte Herr Fieselmaier, ''was hat das zu bedeuten?''. Als er sich
den Pfeil aus dem Ohr gebastelt hatte, nicht ohne einen Satz weiterer
inbrünstiger Klagen abzusondern, fand er einen Zettel an den Pfeilschaft
geklebt auf dem folgendes geschrieben stand:
Paß auf du
miese kleine Ratte! Du hast mir damals wieder und wieder meinen Keller mit dem
Geräucherten ausgeraubt. Gut. Ok. Was will
man machen. ABER JETZT IST SCHLUSS! Wenn ich dich auch nur ein EINZIGES
Mal auf meinem Grundstück erwische dann darfst du meinem Bernhardiner
eigenhändig die Serviette umbinden bevor ich dich ihm als Festmahl kredenze,
VERSTANDEN?
Verwirrt
blickte Herr Fieselmaier nach unten. Auf der gegenüberliegenden Seite, hinter
dem Parkplatz, befand sich ein Schrebergartengrundstück in dem sich in der Tat
ein pferdegroßer Bernhardiner ausgelassen tummelte und zwischenhinein, so
erschien es Herrn Fieselmaier, spitzbübisch zu ihm nach oben schielte.
''Mein
Gott!'', dachte Herr Fieselmaier erschüttert, ''sollte ich mich tatsächlich
ausgerechnet gegenüber dem alten Räuchermeister niedergelassen haben?''
Versonnen
befingerte er den Pfeilschaft und dachte angestrengt nach, eine Tätigkeit die
all seine Sinne beanspruchte, so daß er den kleinen dunklen Fleck am Horizont
nicht bemerkte, auch nicht, daß dieser unaufhaltsam zu wachsen schien. Irgend
etwas kam dort oben näher und näher, und noch immer hatte Herr Fieselmaier
nichts bemerkt. Erst als dicht neben seinem malträtierten Ohr eine blecherne
Stimme ertönte ''Anton! Anton! Ich grüße dich! Du bist alt geworden!'',
schreckte er auf. Über ihm hing ein riesiger Waschkessel und über den Rand
beugte sich sein alter Freund der Weltraumforscher, und grinste über beide
Backen vor Wiedersehensfreude.
''Di-da-da-du-du
bist doch tot!!!'' stotterte Anton verwirrt.
''Woher denn'', widersprach der Weltraumforscher heftig, ''ich habe gesagt ich komme
wieder, du weißt das Anton! Warum starrst du denn immerzu da runter? Wolltest
du etwa springen? Das mögen die Götter aber garnicht, du weißt das Anton!''
''Ach
Blödsinn!'', entgegnete Anton verwirrt und aufgebracht angesichts solcher
selbst für seine Verhältnisse beleidigende Unterstellung. ''Ich hab soeben
festgestellt, daß dort drüben der Metzger wohnt dem wir damals immer die
Schinken gestohlen haben und jetzt steh ich da mit'm Loch im Ohr und der Hund
schaut blöd rauf und dabei wollte ich ihn doch nicht bestehlen, ich hab doch
nicht einmal gewußt, daß er hier seine
Vorratskammer hat!'' beendete Anton seine weinerliche Rede.
Der
Weltraumforscher räusperte sich: ''Soll ich ihm einen Denkzettel erteilen? Dies
ist das Raumschiff meines Vaters, Anton, du weißt das. Ich mache ihn platt!''
''Nein,
nein!'' rief Anton beschwichtigend, ''nicht platt machen, im Gegenteil,
vielleicht sollte ich mich entschuldigen für damals, immerhin sind wir jetzt
Nachbarn, da sollte man doch für ein gutes Verhältnis sorgen, sozusagen …''
''Du
bist alt geworden, Anton'', bemerkte der Weltraumforscher, dessen Name im
übrigen Zagreb Echtholz war, auf's neue. ''Früher warst du nicht so langweilig.
Und möchtest du nicht einmal mein schönes Raumschiff bewundern? Hättest du
nicht gedacht, daß ich wiederkomme, gib's zu!''
''Gedacht
schon, aber nicht damit gerechnet. Nicht so rasch jedenfalls. So lange bist du
auch wieder nicht weggewesen. Und ja, das Raumschiff ist wirklich schön.''
''Ich
sehe schon, du bist nicht ganz bei der Sache. Beziehungsweise bei einer anderen
Sache. Hör zu Anton, ich habe eine Idee.''
''Was
für eine Idee?'' fragte Anton mißtrauisch, immerhin hatte er mit den Ideen von
Herrn Zagreb Echtholz schon so manches Ärgernis durchlebt.
''Ich
habe eine Idee, wie du diesen Metzger besänftigen kannst. Ich hab hier nämlich
was mitgebracht.''
Zagreb
tauchte in die Tiefen seines Raumschiffs ab und seine restlichen Worte klangen
nur mehr als dumpfes Gemurmel nach draußen. In diesem Augenblick betrat Antons
Vermieterin den Balkon. Miranda Andrews war eine Frau in mittleren Jahren die
jedoch gerne jünger wirken wollte weswegen sie sich gerne salopp um nicht zu
sagen schlampig kleidete und ihre Haare mit Haargel vollpappte.
''Anton!
Mach die Türe zu es zieht!'' keifte sie los – und blieb wie angewurzelt stehen
als sie des riesigen Raumschiffs ansichtig wurde: ''What the fuck!!!''
Frau
Andrews wollte nicht nur gerne jünger aussehen sondern sich auch interessanter
machen als sie war und redete daher gerne Englisch, vor allem wenn keiner da
war der der englischen Sprache mächtig war und sie daher unbehelligt Blödsinn
babbeln konnte.
''Zagreb
ist wieder da.'' bemerkte Anton trocken.
''ZAGREB???''
kreischte Miranda ungläubig.
''Genau
dieser. Und er hat mir etwas mitgebracht
das ich dem Metzger dort unten schenken kann damit er nicht mehr böse ist. Da
schau her!'' Anklagend wies er auf sein durchbohrtes Ohr.
''Hihi''
machte Miranda, denn sie war nicht nur eitel sondern auch schadenfreudig.
Mittlerweile
war Herr Echtholz wieder aus der Versenkung aufgetaucht und errötete bis an die
Haarwurzeln. ''Miranda …'' hauchte er verlegen.
''Servus
Zagreb'', begrüßte ihn Miranda resolut, denn sie hatte keinerlei Respekt vor
Männern. Schon garnicht totgeglaubten Männern. ''Bist du gekommen um Anton
abzuholen?'' fragte sie hoffnungsvoll.
''Nein'',
erwiderte Zagreb, ich bin nur mal so auf der Durchreise, keine Angst. Guck
mal'', wandte er sich wieder an Anton ''hier hab ich das ideale Geschenk für
deinen Metzger. Einen Seelenspiegel.''
''Einen
was?'' ''A what???'' riefen Anton und Miranda durcheinander.
''Einen
Seelenspiegel'', wiederholte Zagreb. ''Es gibt da diesen Planeten ungefähr 305
Lichtjahre links von hier, da sammeln sie Gold und geben einem dafür bunte
Seelenspiegel und anderes Spielzeug. Wenn man da reinguckt dann sieht man, was
die Person, mit der man gerade redet, wirklich denkt.''
''Na
geh!'' Miranda trat hastig einen Schritt zurück und setzte ein gespielt
unbeteiligtes Grinsen auf. ''Und das kriegt jetzt der Metzger, damit ihm keiner
mehr kranke Schweine verkaufen kann? Prima Idee!''
Neidisch
blickte sie auf den hübschen Spiegel in Zagrebs Hand während sie sich bereits
überlegte, wie sie ihn Anton später wieder abquatschen konnte.
''Also'',
meinte Zagreb, bevor du ihn Anton nachher wegnimmst, geb ich dir lieber auch
einen.'' Wieder verschwand er in den Tiefen seines Raumschiffs und murmelte
dort dumpf vor sich hin.
''Äh'',
machte Miranda peinlich berührt. ''Wie hat er das jetzt rausgefunden? Die Teile
sind echt rattenscharf!''
Artig
bedankte sie sich als ihr Zagreb kurz darauf ebenfalls einen Seelenspiegel
hinhielt, er verabschiedete sich daraufhin mit leutseligem Winken und dem
Versprechen, bald wieder vorbeizuschauen und dann aber mehr Zeit mitzubringen.
''Mußt
vorher mal aufräumen'' meinte Miranda vorwurfsvoll zu Anton. ''So können wir
keinen Besuch einladen, hier schauts aus wie bei Hempels unter'm Sofa! Überall
stehn die halbfertigen Bilder rum und du bist schuld!''
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