Sonntag, 19. April 2020

Hirnbrennen


Ich kann fliegen! Ich wußte nicht, daß ich fliegen kann! Wie das im Magen kitzelt - nur nicht nach unten sehen ... Leute ich fliege!!!

Eigentlich ist es ganz einfach. Immer der Nase nach. Und meine ist groß genug, da kann man nicht fehlgehen. Ähm, fehlfliegen.

Hatte ich mich schon vorgestellt? Manchmal bin ich ein bissl zerstreut, aber das bin ich schon immer gewesen, man gewöhnt sich daran. Macrophelia heiß ich. Nein, das ist nicht die, die sich volltrunken durch duftgetränkten Blütenregen wankend im Schlamm ertränkte. Klingt nur so ähnlich und führt oft zu Verwechslungen.

Wegen eines Mannes würd ich mich niemals umbringen, Männer sind Esel. Störrische, verfressene und stets begattungsbereite Esel. Wegen sowas bringt sich keine Frau um die was auf sich hält. Bei mir war's ein Unfall. Leider.

Eigentlich hatte ich schon noch ein Weilchen weiterleben wollen, auch wenn es in der letzten Zeit zunehmend ungemütlich geworden war auf der Erde. Aber vielleicht grad deswegen. Da wird man dann wenigstens mal gebraucht und vegetiert nicht so nutzlos in der Gegend umeinander. Wenn fast alles verboten ist, dann freuen sich die Leute auch wieder über Kleinigkeiten. Aber soweit sind wir dann doch nicht gekommen, die Leute und ich.

Ich mach einen romantischen Spaziergang im Mondlicht, neulich, so zwischen Stadtrand und Autobahn, in der sicheren Gewißheit, daß um die Zeit sicher niemand dort rumstreunt außer mir ... und whaaam ... auf einmal seh ich ein Moped vor mir aus dem Gebüsch schnellend herbeisausen und bevor ich noch auf die Seite springen kann macht's einen DUSCHER und das Ding geht in die Luft. Der Fahrer und ich natürlich mit. Blöd gelaufen.

Scheiß Bandenkriege. Münchner Norden halt. Erst drei Wochen zuvor hatte wer seinen Dealer in dessen Auto erschossen. Einfach so. Puffn raus und Bumm. Der Dealer muß aber auch ein fester Trottel gewesen sein, wenn er geglaubt hat, er kriegt einfach so sein Geld. Völlig freiwillig. Auf einmal. Naja Arroganz kommt vor dem Fall.

A propos Fall, ich muß ein bisserl aufpassen wo ich hinflieg. Sehr neblig heute. Aber hey, ich kann die Gedanken der Leute sehen! Ja krass. Die kleine verkniffene Frau da drinnen will die Polizei anrufen, weil es sie stört, daß da hinten am See zwei Jugendliche sitzen und Alkohol trinken? Weil sie schließlich auch keine Freude mehr haben darf im Leben und dann sollen sich die anderen gefälligst ebenfalls freudlos an die Gesetze halten? Ja hör mal alte Frau, wer sagt denn, daß du keine Freude mehr haben darfst??? Frag doch die Nachbarin, ob sie nicht mal ein Stück Kuchen mitessen mag, kleine Rebellion in Bayern! Sich einfach gegenseitig besuchen! Geht das? Ah, sie hält inne, offenbar kann sie mich hören wenn ich ihr dazwischendenke. Cool!

Nachbarin Zettel schreiben! Kuchen! Nix junge Leute vernadern!

Da, die Hand legt den Hörer wieder auf! Langsam schlurft die Frau in die Küche und ... jetzt seh ich nix mehr. Vielleicht blättert sie im Kochbuch? Stehen da auch Backrezepte drin? Ich kenn mich mit sowas nicht aus, ich glaub nicht daß ich jemals 'ne Hausfrau gewesen bin. In keinem meiner Leben.

So, das ist ja nochmal gut gegangen. Vielleicht sollte ich den Burschen da unten aber auch klarmachen, daß heutzutage bereits der Besitz einer Bierflasche ein Verbrechen darstellt, wenn man sie auf einem Bankerl im Freien trinkt, vor allem wenn noch wer dabeihockt.

Oh nein, die Kieberei ist schon da. Hat Oma doch angerufen? Nee, so schnell sind die nicht ... wahrscheinlich hat jemand anders ... die Deutschen sind wirklich so voll arg! Kein bissl aus der Übung gekommen seit damals.

Behäbig kommt der Polizist aus seinem Auto gekrochen, der Kollege bleibt drin, der Funk blökt, der Polizist denkt: 'Oh Mann, lernen die's nie? Sorglos andere Leute gefährden weil sie nix als Party im Kopf haben ... andererseits, warum soll man nicht auch ein bissl Spaß haben im Leben?'
Angststarr sitzen die beiden Jungs auf der Bank, blicken dem Polizisten entgegen, dieser lacht auf einmal freundlich und fragt: 'Na Kameraden, habt's für mich auch noch ein Bierchen übrig?'

Die beiden gucken erst ihn an, dann sich, dann wieder ihn. Fühlen sich veräppelt, fürchten einen Ausbruch. Der nicht kommt. Der Kollege bleibt im Wagen, brummelt ins Telefon: 'Hör mal Mama, ich arbeite! Nein, ich hab keine Ahnung wie das mit dem Guglhupfrezept von der Tante Anni war. Guck halt in der Truhe nach bei den alten Sachen, ja genau, am Dachboden!'

Der Polizist sitzt jetzt mit den Burschen auf der Bank und trinkt ein Bier. Aus Bayern. Weil's guad is. Und weil sich das so gehört. Buy local. Da sind sich alle drei einig. Ich freue mich und fliege weiter.

Haha, das macht Spaß! Die mit ihren Vorschriften, sakrosankt und unantastbar, die das tapfere Söderlein jeden Tag frisch erfindet, grad wie es ihm Freude macht. Sieben auf einen Streich, oder auch mal mehr. Na, dem werd ich in die Suppe spucken!

Quecksilbrig drehe ich ein paar lustige Salti und fege weiter, auf der Suche nach Vernaderern und Polizistenhirnen, die dringend bekehrt werden müssen. Kann schon sein, daß ich eines nicht allzufernen Tages dafür zur Rechenschaft gezogen werde. Ziemlich sicher sogar. Aber das ist es mir wert. So bin ich wenigstens nicht umsonst gestorben. Die Menschen können sehr wohl gut sein, wenn sie wollen. Davon bin ich überzeugt. Nur haben die meisten vergessen, was wirklich wichtig ist im Leben. Und ich werde sie erinnern. Weil ich es kann. Damit am Ende doch noch alles gut ausgeht. Glaube, Hoffnung, Liebe. Aber die Liebe ist die größte unter ihnen!








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