Samstag, 24. September 2022
Der Waschbär (überarbeitete Version)
Neulich sind wir mal wieder so beieinandergehockt, die Jungs und ich. Michael war auch dabei, er hatte sogar zwei Bier mitgebracht. Als Einstieg sozusagen, damit es nicht gar so auffällt wenn er sich danach wie üblich nur durchschnorrt. Es ergab sich bald das übliche langweilige Geschwätz von wegen ‘damals wie ich in Stein war …’ nur daß dieses Mal auch einer aus Deutschland dabei war und von Kaisheim erzählt hat. Dort war zeitgleich mit ihm auch eine gewisse ‘Tina’ gesessen, also eh ein Mann aber halt als Frau zurechtgemacht und das immerhin in den 70-er Jahren, in Bayern, also Respekt. In den Arsch von Tina hat ein ganzes Schraubglas Kaffee hineingepaßt. Bei manchen Informationen frag mich ja, ob die unbedingt geteilt gehören. Wenn man jetzt bedenkt, daß Tabak und Kaffee im Hefn die angesagte Währung sind … da bekommt der Begriff ‘Geld waschen’ eine ganz andere Bedeutung.
Nach einer Weile hat der Joe gemeint er geht jetzt zur Tierhandlung und besorgt sich eine Ratte und ob wer mitgeht. Inzwischen waren wir schon gut pralle und uns war eh fad. Bier war fast aus, mußten wir eh bissl Geld besorgen um neues kaufen zu können, also warum nicht vorher mit zur Tierhandlung, cool, klar, gehen wir!
Keine Ahnung wieso, aber der Verkäufer in der Tierhandlung war gleich voll genervt, und da hat noch keiner von uns irgendwas gesagt gehabt. Und Ratten hätten sie auch keine mehr, weil die Punks die immer klauen und nach einer Weile werden sie ausgesetzt und die Hausfrauen kriegen einen Herzinfarkt, das könne man nicht länger verantworten und wir sollten doch jetzt bitte umgehend den Laden verlassen, die Leute würden schon schauen! Vollspießer. Die Leute schauen immer, ist das was Neues?
Nachdem wir uns unten am See mit einer frischen Runde Bier gestärkt hatten, kam Nietzsche auf die Idee, in den Tiergarten zu gehen. Irgendwie klar - Tierhandlung - Tiergarten - entbehrt nicht einer gewissen Logik.
Mir tun halt die armen Viecherln immer so leid wie sie eingesperrt vor sich hinsiechen oder stets dieselben drei Schritte vor und zurück machen weil im Käfig nicht mehr Platz ist. Aber die Jungs hat es total gefreut da drin, wahrscheinlich haben sie es genossen, ausnahmsweise mal auf der anderen Seite des Gitters zu sein.
Es war also eh ganz lustig, jedenfalls solange bis wir zu den Waschbären kamen. Nietzsche fing an, erregt auf und ab zu gehen, wir sahen uns besorgt an, wir kannten die Anzeichen. Gleich würde er mit irgendetwas um die Ecke kommen, was uns in arge Bedrängnis versetzen würde, aber widersprechen ging auch nicht, denn dann würde er böse werden. Und das will ganz sicher niemand, daß Nietzsche böse wird. Sozusagen epische Zahnarztrechnung. Muß man nicht haben.
‘August, das Tier erinnert mich an etwas, du weißt das, diese Maske um die Augen, August ich habe einen Plan!’
Wir duckten uns wie ein Mann, Nietzsche hatte einen Plan. August war bleich geworden und sah sich hektisch nach einem Notausgang um, aber Nietzsche kannte keine Erbarmen:
‘August, ich weiß jetzt was wir machen, wir machen eine Bank! Und zwar die am Keplerplatz, ich habe alles beobachtet, um 12 Uhr ist Mittagspause da ist nur einer drin, da kann überhaupt nichts passieren.’
‘Hör mal, Nietzsche, das ist prima, echt! Voll geiler Plan! Ich geh grad nochmal aufs Häusl ok?’ August verschwand eilig hinter den Büschen und ich drückte mich unauffällig seitwärts in dieselben, nur rasch weg, bevor der Ärger losging …
Ich hörte noch, wie Michael unwillig aufbegehrte, als er von Nietzsche am Ärmel gepackt wurde, aber ich hatte keine Minute zu verschenken. Wenn es so schon losging, dann war es höchste Zeit, zu verschwinden.
Dieser Ausflug war für lange Zeit der letzte, den wir in voller Besetzung unternommen hatten. Nietzsche und Michael sind am nächsten Tag in der Zeitung gestanden weil das Plastiksackerl, in das sie die Scheine hineingetan hatten, ein Loch hatte. Wir wußten also, daß wir sie nun ein paar Jahre nicht mehr zu sehen bekommen würden und es besser wäre, mal in Nietzsches Wohnung nach dem Rechten zu sehen, und die guten Schallplatten auf die Seite zu bringen, bevor andere alles ausräumen ...
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